Gestern
vor über 1000 Jahren
Die Besiedlung in und um Wolsier geht weit zurück, es wurden Funde der Bronzezeit (ca. 4.000 Jahre alt), der Eisenzeit (ca. 2.500 Jahre alt), der Römischen Kaiserzeit (ca. 2.000 Jahre alt) sowie der Slawenzeit (ca. 1.000 Jahre alt) gemacht.
1400-1499
Am 5. Juli 1437 wurde Wolsier erstmals erwähnt. (Vereignung des Dorfes „Wolsere“ an das Havelberger Domkapitel mit seinem Probst „Hennyng Wuthenow“ durch Markgraf Friedrich.
Die Dorfstelle war zu dieser Zeit weiter südlich gelegen.
1500-1599
Um 1500 wird das Dorf als „Wolsier Desolata“ (das wüste bzw. unbewohnte Wolsier) erwähnt.
Vermutlich kurz nach 1500 wurde das Dorf dann an der heutigen Stelle wieder aufgerichtet, denn 1510 wird „Dat gannze Dorffe vund Gut Wolsere mit alle sinen Tobehoringe“ vom Domstift Havelberg an die Gebrüder Achim und Cöne von der Hagen verliehen, gegen eine Zahlung von 424 Gulden.
1541 führt das Visitationsprotokoll des Landes Rhinow keine Kirche für Wolsier auf. Ein Nachtrag von späterer Hand vermerkt: „Wolsier ist ein filial zu Spatz...“ Weiterhin wird gemahnt: „Es soll auch dem Pfarher nur vber die Malzeit bier vorreicht werden vnd wan die geschehen, soll er daz bier, so er trincken wirdt, von seinem eigen geldt bezahlen…“
1578 wird berichtet, dass eine Kirche in Wolsier „neuelich erbaut“ ist.
Vermutlich war diese Kirche ein Holzgebäude, denn um diese Zeit war ein Feldsteinbau nicht mehr üblich.
„1583 ist es (Anm: das Rittergut) nach den Spaatzer Acten noch ein Lehn des Domstifts Havelberg, welche Lehnsherrschaft nach Aufhebung des Domstifts auf den Fiscus überging, an den ‚beim jedesmaligen Absterben des Lehnsherren oder des Lehnsträgers 25 Taler Courant Lehnswaare‘ Abgabe gegeben werden mußten; so noch 1830, daher heißt das Rittergut Wolsier damals in den Acten immer ‚Lehnrittergut‘".
Wie die Glocke von 1526 zeitlich in diese Baugeschichte passt oder woher sie stammt, wäre noch zu klären.
1700-1800
„1703... wahr ein so großer erschreckl. nie erhörter Sturmwindt, also daß Er auch viele Hauser und Scheünen nicht nur alleine Dach u. fach loß machte, sondern auch viele ümbstieß, u. sehre viele Beüme auß der Erden rieß.“
„Wolsier, früher bis 1722, soll an einer anderen Stelle mehr südlich,… gelegen haben, während das Gut auch früher schon an der jetzigen Stelle lag; nachdem das Dorf auf seiner früheren Stelle abgebrannt war, soll es auf Wunsch des Herrn v.d. Hagen bei dem Gute wieder aufgebaut sein. Auf den Höhen, wo das alte Wolsier lag, sind unter Amtmann Gumtau noch große Steine, Lehm und Mauerreste ausgepflügt worden. An der ältesten Wolsier´schen Scheune des Leue'schen, jetzt Schulmeister'schen Gehöftes, steht: C.A.B. (d.h. Behrens) 1722, woraus der Zeitpunkt der Verlegung des Dorfes zu schließen ist.“ Anmerkung: Dieser Balken existiert noch, was den Zeitpunkt der Verlegung des Dorfes angeht, irrt der Chronist jedoch.
„1751 war die (2.) Wolsierer Kirche schon eingefallen. 1750 hatte die Frau Witwe v. d. Hagen in Brunn, Kr. Kyritz, bereits 200 rt. zum Neubau gespendet. 1752 wurde die neue (3te) Wolsierer Kirche an derselben Stelle, an der die 2te stand, erbaut...“
„Anno 1754…ist die Kirche in Wolseehr eingeweiht worden, im Beyseyn des sämtlichen Adels des Landes. Der in Holz geschnitzte Altar mit 2 Säulen und eingefügter Kanzel, über deren Deckel eine Sonne angebracht ist, wurde 1771 durch Meister Plau in Friesack gefertigt.“
„Ao 1771 vom 24.-26. März war Sturm, Schneetreiben und Kälte, ,so daß der Gülper Deich durchbrochen wurde, auch der Markt in Rhinow am 26. nicht gehalten werden konnte. Im Sommer kam nochmals Ueberschwemmung, am 5. Juli erhob sich ein starker Sturm, daß durch den Prietzner Deich ein Durchbruch kam und das Wasser unter den Feldfrüchten große Verwüstung anrichtete, daher großer Mangel an allen Lebensmitteln entstand…‘“
1772 leben in Wolsier 131 Personen.
1800-1900
Im Jahr 1800 werden statistisch überliefert:
2 Ganzbauern, 2 Halbbauern, 8 Kossäten, 2 Büdner, 10 Einlieger; Krug, Gut; 1 Förster, 8 Bauernhöfe, 3 Lehnhöfe; 24 Feuerstellen
„Ao 1806 am 14. Oktober wurden die Preußen bei Jena und Auerstädt geschlagen; und die Franzosen unter Napoleon rückten nach Berlin. Auch unser Ländchen wurde dabei heimgesucht. Die eine Armee unter General Bernadotte war den 21. Okt. vor Tangermünde bis Rathenow, den 22. von Rathenow nach Rhinow marschirt, wo sie sich lagerte; ein Streifzug davon machte sich am Abend des 22. auf, und alle Dörfer des Ländchens Rhinow wurden von den Streifenden gebrandschatzt und geplündert; und dies Streifen dauerte bis Sonntag, den 26. Okt. … Die Wolsierschen flohen damals in das Pareyer Bruch auf Kähnen. …Abgesehen von diesen und ähnlichen schweren Lasten (Anm.: Vieh- und Getreidelieferungen) standen die Bewohner von den Chausseurs nichts weiter aus, dieselben scheinen im Ganzen ruhige und friedliche Leute gewesen zu sein, auch sehr für sich gelebt zu haben, da sie das Deutsche nicht verstanden und nicht lernen wollten. Die Kirchenbücher hier berichten nur von einem unehelichen Kinde.“
“Das Verhältniß zwischen den adligen Herrschaften und den Bauern ist gewiß hier dasselbe wie in anderen deutschen Landen gewesen, jedoch so, daß nicht Leibeigenschaft, sondern Hofpflichtigkeit stattfand. Diese Hofpflichtigkeit war nun folgende: In jeder Woche mußte der Bauer mit 1 Gespann und 4 Pferden und 1 Mann außerdem auf dem Hof des Gutsherrn, die Spaatzer theils in Rhinow, theils in Hohennauen, theils in Wassersuppe, theils in Wolsier, die Wolsierer auf dem dortigen Gute, 1 vollen Tag jede ihnen aufgetragene Arbeit thun: außerdem gab es jährlich 15 sog. Beitage, zu denen 1 Mann ohne Gespann gestellt werden mußte, daneben gab es Dienste noch in der Heuernte, sowie beim Flachsspinnen. Im Jahre 1810 kam dann unter Minister Stein die Verordnung des Königs Friedrich Wilhelm III. betr. die Aufhebung der bäuerlichen Hörigkeit und der Hofdienste.“
1840: 24 Wohnhäuser
„Ao 1848 im Revolutionsjahr war in unsern stillen Dörfern alles ruhig.“
1864/1866/1870-71 „In bezug auf die 3 Kriege Preußens mit Dänemark, Oesterreich und Frankreich, ist nur in der Kirche zu Wolsier eine Gedenktafel vorhanden mit den Namen derer, die an den Kriegen aus Wolsier theilgenommen haben.
„…wird seit 1872 zur Erinnerung an den 2. September und die Neubegründung des deutschen Kaiserreichs jedes Jahr in dieser Zeit das Kinderfest auf dem Kienberg bei Prietzen… gefeiert, ein rechtes christliches Volksfest, das zahlreich besucht wird.“
1874 brannte die Schule in Wolsier und fast ganz Wolsier ab; 1882 das Rittergut:
„Das jetzige Wolsier ist vor dem Brande 1874 enger zusammengebaut gewesen, die Häuserreihe am östlichen Ende ist erst neueren Datums. Die paar Häuser an dem Wege südlich von der Kirche hinter dem Gasthof haben die merkwürdige Bezeichnung der ‚Dom‘, wie es auch in Gülpe einen solchen ‚Dom‘ giebt. – Die Häuser des Dorfes waren bis zum großen Brande 1874 Fachwerk mit Rohrdach, wie noch jetzt das Bollmann´sche Büdnerhaus, rechterseits an der Ecke, wo die Straße von Prietzen mündet, jetzt sind sie massiv. 1874 im April ist Wolsier fast ganz abgebrannt, wobei 2 Menschen umkamen, es brannte zuerst das Gehöft nördlich neben dem Gasthof ab (jetzt Wetzel, früher Muhs), dann der Gasthof und so fort, nur das Gut, das Gehöft von Osterburg (jetzt Witte) 1, Leue (jetzt Schulmeister) 2 und das alte Bollmann'sche blieben verschont… (1 = heute Hausnummer 20, 2 = Hausnummer 19)
1882 brannte das Gut ab, sämmtliche Ställe usw., aus Fachwerk, verbrannten, nur das Herrenhaus blieb stehen.
Das frühere größte Bauerngut, das Osterburg'sche Lehnschulzengut westlich neben dem Rittergut, ist ebenfalls verparzellirt und nur noch eine größere Kossäthenstelle (Witte), der Demuth'sche Bauernhof ist mit dem Spaatzer Rittergut vertauscht und zum Rittergut Wolsier gekommen...
1900-2000
Quellen
Mangelsdorf, Günter, Ortwüstungen des Havellandes, Berlin 1994
Niendorf, A., Chronik von Spaatz und Wolsier, Rathenow 1892
Enders, L., Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 3, Havelland, bearb. von L. Enders, Weimar 1972
Riedel, Dr. Adolph Friedrich, Codex diplomaticus Brandenburgensis. Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer Regenten. 7. Band 1847